Bauliche Veränderungen in der Eigentümergemeinschaft

Wer, was, wann bauen darf!

Unter baulichen Veränderungen versteht man jene Maßnahmen, die über den reinen Erhalt des Gemeinschaftseigentums hinausgehen

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Das Wichtigste in Kürze

  • Unter baulichen Veränderungen versteht man jene Maßnahmen, die über den reinen Erhalt des Gemeinschaftseigentums hinausgehen
  • Die seit 1.12.2020 geltende WEG-Reform hat die Art und Weise der Durchsetzung baulicher Maßnahmen verändert
  • Jede Maßnahme der baulichen Veränderung im Gemeinschafts- und Sondereigentum benötigt einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft
  • Grundsätzlich gilt, diejenigen die der Maßnahme zustimmen, tragen die Kosten und sind zur Nutzung berechtigt – es gibt jedoch Ausnahmen und alternative Herangehensweisen
  • Eigentümer haben ein Recht auf die Genehmigung privilegierter Maßnahmen durch die Eigentümergemeinschaft

Was ist eine bauliche Maßnahme bzw. bauliche Veränderung?

Unter baulichen Veränderungen versteht man Maßnahmen, die

  1. auf Dauer angelegt sind,
  2. in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums eingreifen,
  3. das Gemeinschaftseigentum umgestalten,
  4. über die regelmäßige Erhaltungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum hinausgehen

Grundsätzlich kann Erhaltung (gem. §13 Abs. 2 WEG) als eine ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung verstanden werden. Zur Erhaltung gehört unter anderem auch die Erfüllung gesetzlicher und behördlicher Anordnungen, Maßnahmen zur Sicherstellung der Verkehrssicherungspflicht sowie die erstmalige Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums

Welche Voraussetzungen müssen bei einer baulichen Veränderung erfüllt sein?

Hierbei wird unterschieden, ob die Wohnungseigentümer oder die Wohnungseigentümergemeinschaft eine bauliche Maßnahme durchführen möchte und ob die Maßnahme das Sondereigentum oder das Gemeinschaftseigentum betrifft.

Durchführung baulicher Maßnahmen am Sondereigentum (z. B. der eigenen Wohnung)

Grundsätzlich ist ein Eigentümer berechtigt gem. §13 Abs. 1 WEG bauliche Veränderungen an seinem Sondereigentum vorzunehmen. Dies wird jedoch dahingehend eingeschränkt, dass diese nicht

  • das Gemeinschaftseigentum beeinträchtigen
  • einem anderen Eigentümer einen mehr als nur unerheblichen Nachteil zufügen
  • gegen ein Gesetz, eine Vereinbarung oder Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft verstoßen
  • dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer widersprechen

Durchführung baulicher Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum

Nicht selten befinden sich in Teilungserklärungen oder Vereinbarungen der Wohnungseigentümer besondere Regelungen zu baulichen Veränderungen. Fehlen diese, oder sind diese unwirksam bzw. nichtig, so gelten nachfolgende Regelungen

  1. Bauliche Veränderungen können durch die Gemeinschaft beschlossen werden oder einem Wohnungseigentümer gestattet werden. Hierbei wird jeweils die einfache Mehrheit benötigt
  2. Jeder Wohnungseigentümer kann gewisse bauliche Veränderungen verlangen (sogenannte privilegierte Maßnahmen), die
    1. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen (z. B. Treppenlift),
    2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge (z. B. Wallbox),
    3. dem Einbruchschutz (z. B. Alarmanlage) und
    4. dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität (z. B. Glasfaser)

dienen. Das bedeutet in der Praxis, dass das „ob“ der baulichen Maßnahme von der Gemeinschaft nicht verneint werden darf. Die Gemeinschaft hat jedoch die Möglichkeit über das „wie“ Einfluss auf die Durchführung zu nehmen. Jeder Wohnungseigentümer, kann verlangen, dass eine bauliche Veränderung gestattet werden, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung unverhältnismäßig beeinträchtigt werden zustimmen. Bauliche Veränderungen, die eine Wohnanlage grundlegend umgestalten oder ein Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis unverhältnismäßig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden (§20 Abs. 4 WEG). 

Möchte nun ein einzelner Eigentümer eine bauliche Maßnahme umsetzen (sowohl privilegierte Maßnahmen als auch nicht privilegierte Maßnahmen), so muss er dies durch die Gemeinschaft beschließen lassen. Ein entsprechender Antrag zur Aufnahme als Tagesordnungspunkt ist beim Verwalter einzureichen.

Wer trägt die Kosten für eine bauliche Maßnahme?

Auch hier wird grundsätzlich dahingehend unterschieden, wer die bauliche Maßnahme verlangt. Wird einem Eigentümer eine bestimmte bauliche Maßnahme gestattet, oder führt die Gemeinschaft diese auf dessen Verlangen aus, so trägt nur dieser Wohnungseigentümer die Kosten. Im Gegenzug gebührt in der Regel auch nur ihm der Nutzen.

Handelt es sich jedoch um Maßnahmen, welche die Gemeinschaft durchführt, so müssen diejenigen Wohnungseigentümer, die der Baumaßnahme zustimmen, die Kosten tragen (d.h. alle „Ja-Sager“ bei der Abstimmung in der Eigentümerversammlung, siehe §21 Abs. 3 WEG). Hiervon gibt es jedoch zwei Ausnahmen.

  • Große Mehrheit / Verhältnismäßige Kosten: Wurden Maßnahmen mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteilen beschlossen und ist die bauliche Veränderung mit verhältnismäßigen Kosten verbunden. Die Verhältnismäßigkeit der Kosten wird mittels eines unabhängigen Gutachtens nachgewiesen.

Oder

  • Amortisieren sich die Kosten der baulichen Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums. Dies wird mittels eines unabhängigen Gutachtens nachgewiesen.

In diesem Fall wird davon ausgegangen, dass die Maßnahme im Interesse aller Wohnungseigentümer ist, und die Kosten von allen Eigentümern getragen werden.

Welche rechtlichen Wirkungen haben bauliche Maßnahmen?

Rechtswirkung

Der Beschluss zur Umsetzung einer baulichen Veränderung durch den aktuellen Eigentümer, ist auch für dessen Rechtsnachfolger (z. B. Erben oder im Falle eines Verkaufs) rechtlich bindend.

Anfechtbarkeit

Gemäß §20 Abs. 4 WEG ist ein Beschluss einer baulichen Maßnahme anfechtbar, wenn dieser einen Eigentümer unbillig benachteiligt oder die Wohnanlage grundlegend umgestaltet, wobei dies bei privilegierten Maßnahmen typischerweise nicht der Fall ist.

Rückabwicklung

Wenn eine bauliche Maßnahme ohne die notwendigen Beschlüsse durchgeführt wurde, bestehen Ansprüche auf eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Dies kommt häufig dann vor, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer ohne die erforderliche Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer eine bauliche Maßnahme eigenständig durchführt.

Fazit

Mit der Modernisierung des Wohnungseigentümergesetzes hat der Gesetzgeber die Umsetzung bauliche Maßnahmen vereinfacht. Insbesondere gilt dies bei den privilegierten Maßnahmen. Wohnungseigentümer sollten bei einem Beschluss über bauliche Veränderungen insbesondere auf eine klare Regelung zur Kostentragung achten, da ein Beschluss nicht nur die eigentlichen Anschaffungskosten betrifft, sondern auch die Folgekosten.


Hinweis:

Dieses Dokument ist rein informativer Natur und ist nicht darauf ausgelegt eine fachmännische Beratung zu ersetzen.

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